Grußwort des Projektleiters Prof. Albrecht zum Start des Zertifikatskurses Integrativer Unterricht am 4.2.2008 im Ausbildungszentrum Bobritzsch
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen,
„Schulen, Eltern, Schulträger und die Kultusverwaltung müssen an einem Strang ziehen, damit mehr Kinder mit Behinderung gemeinsam mit Kindern ohne Beeinträchtigung spielen, leben und lernen können.“
Diesem Satz von unserem Staatsminister für Kultus – Steffen Flath – und insbesondere seiner hiermit verbundenen Aussage in dem Magazin „KLASSE“ – „Mehr Integration wagen“ – stimmen wohl alle hier im Saale zu. Denn sonst wären wir heute nicht hier in Niederbobritzsch.
Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen aus den Schulen, hätten vermutlich einmal richtig ausgeschlafen, ausführlich die Zeitung gelesen oder ausgiebig mit der Familie gefrühstückt. Was man halt so macht am ersten Ferientag.
Sie sind aber dem Aufruf des Kultusministeriums gefolgt und lassen sich auf diese zweijährige Fortbildung ein. Dass beide Kurse voll geworden sind zeigt, dass es nicht nur einen abstrakten „Bedarf“ gibt, über die Unterrichtspraxis hinaus sich theoretisch und methodisch mit der Thematik gemeinsamer Unterricht auseinander zu setzten, sondern ein tatsächliches Bedürfnis, sich mit Integration weitergehend zu beschäftigen.
Das ist für mich das erste gute Zeichen, das ich mit dieser Fortbildung verbinde.
Das zweite gute Zeichen ist, dass auch der Kultusbereich seinen Beitrag leistet. Schulische Integration wird mittlerweile – hier kann ich nochmals auf den Herrn Staatsminister verweisen – als bildungspolitisches Ziel von hohem Rang formuliert; mit Integration verbindet sich heute nicht mehr nur noch die Vorstellung von einem Nischenprogramm, sondern jene einer Strategie, mit der pädagogische Vorteile für alle zu erzielen sind.
Diejenigen, die dies umzusetzen haben, sind nicht nur die Förderpädagogen, sondern eben auch die Primar- und Sekundarschullehrer, die nicht in ihrer Ausbildung quasi vom ersten Tag an mit dem Integrationsparadigma, mit Binnendifferenzierung, Förderdiagnostik oder integrativer Didaktik konfrontiert und darauf fachlich eingeschworen wurden.
Einem hieraus abzuleitenden Fortbildungsbedarf wird mit diesem Zertifikatskurs nun Rechnung getragen, wobei „Rechnung tragen“ durchaus auch monetär verstanden werden darf, denn der Freistaat lässt sich dieses Programm auch etwas mehr als andere Zertifikatskurse kosten. Es ist eine Investition in die Zukunft, aber wohl mehr noch in die Gegenwart, denn Sie alle kommen ja direkt aus der Praxis des gemeinsamen Unterrichts hierher.
Heute fällt der Startschuss für ein ambitioniertes Fortbildungsprogramm, dem noch viele weitere Kursgruppen nach Ihnen folgen werden. Es soll Sie und ihre Nachfolger darin unterstützen, insbesondere die integrationspädagogische, die entwicklungslogische und subjektzentrierte Komponente der Unternehmung Integrativer Unterricht – ergänzend zu Ihren praktischen Erfahrungen – theoretisch und methodologisch zu untermauern. Wir erhoffen uns, dass sie fachlich gestärkt und in der „Sache Integration“ gefestigt nach den zwei Jahren – vielleicht auch schon nach einzelnen Präsenzphasen – heraus gehen werden.
Das was die Integrationspädagogik umtreibt ist „Gleichheit in der Differenz“ herzustellen. Das ist honoriges und anspruchsvolles Ziel und schwierige Praxis zugleich.
Es ist das Los des Pädagogen, meine Damen und Herren, zwischen normativer und empirischer Wirklichkeit die eigene Balance nicht zu verlieren, sie immer wieder neu zu justieren und wissend, dass es die Wahrheit – sei es im Sinne von Erkenntnis oder von Methode – nicht gibt, diese dennoch zu suchen. Dies vollzieht sich im normativen Pendel zwischen der „Schule von Athen“ und dem „Erziehungscamp“ einerseits und im psychischen Pendel zwischen den drei Partnern der Erziehung, so wie Bernfeld das einmal formuliert hat: „das Kind vor ihm (dem Erzieher, Anm. FA), das Kind in ihm und sein Ich“.
Ein weites Feld – soll da einer einmal sagen, lebenslanges Lernen tue nicht Not – für den Pädagogen ist es Kern seiner professionellen Existenz.